Norwegen – zwischen Skifahren und Segeln (Folge 1)

Geschrieben von: Bastien Levy

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Lesezeit 3 min

Folge 1 – Die Begegnung

Vorwort: Ziel LUN(E) – Erste Schritte ins Abenteuer

Treffen in Tromsø: Kapitän Odysseus

Während meiner Erkundungstour durch die Lyngenalpen im März 2023 traf ich in einem Café mit Blick auf den Hafen von Tromsø einen eigenartigen Segler. Niemand Geringeres als Ulysses, Kapitän der LUN II (ausgesprochen „Mond“), trug eine blaue Wollmütze und eine Lederjacke. Er reichte mir eine dicke, schwielige Hand, die sich wie eine Kinderhand anfühlte. An der Bar gelehnt, unterhielt er sich angeregt mit Léo Viret, einem Freund und ebenfalls Absolventen der Bergführerausbildung. Das Gespräch war lebhaft, doch immer wieder kam die LUN II, Ulysses’ Boot, zur Sprache. Ulysses’ scheinbar abenteuerliches Leben gab mir Rätsel auf: War es wirklich möglich, ein Boot von 1914 ohne jegliche elektronische Unterstützung zu segeln? War es überhaupt denkbar, mit einem fast 30 Meter langen Schiff in den Hafen zurückzukehren? Ich war misstrauisch. Was, wenn nicht alles nur gespielt war? Was, wenn sich hinter dem Leder ein Städter verbarg, der sich nach Abenteuer und Anerkennung sehnte, kürzlich zum Seemann geworden war und nur allzu gern seine Geschichten erzählte?

Segeln und Skifahren in Norwegen mit Bastien Levy
Segeln und Skifahren in Norwegen mit Bastien Levy
Bildnachweis: Bastien Levy

Eine Einladung an Bord der Lun II

Wenige Augenblicke später wurde ich mit der Besatzung an Bord des berühmten Schiffes eingeladen. In der Dunkelheit wirkte die Lun gewaltig und vermittelte mir das Gefühl, direkt einem Märchen, einem Wikingerfilm, entsprungen zu sein. Die hölzerne Takelage, die bordeauxroten Baumwollsegel, die Pinne mit ihrem mit Hanfleinen bespannten Takelwerk. Meine ersten Schritte auf der Treppe, die hinunter zur Messe und ins Innere des Schiffes führte, knarrten, und ein vertrauter Geruch weckte Erinnerungen: der Geruch eines alten Zufluchtsortes. An den Wänden des Niedergangs hingen Aquarelle, deren Papier wie Pergament aussah, abgegriffen, die die Lun unter Segeln zeigten, und eine Bibliothek mit Seefahrtsbüchern, die aus dem 19. Jahrhundert zu stammen schienen.


Der Wohnbereich, der Salon, ist um einen großen Holzofen und einen armbreiten Tisch herum angeordnet. Zu beiden Seiten des Salons befinden sich Etagenbetten: einzelne Kojen mit Vorhängen, dicken Tierfellen und Daunendecken. Alles hier stammt aus einer anderen Zeit. Der Kapitän wuselt im Bug des Bootes umher: Er kocht inmitten von hängenden Lammkeulen, Fisch, der neben Robbenfellen zum Trocknen liegt, und den Skifahrern der Woche. Ich bin erstaunt, dass diese beiden Welten nebeneinander existieren, ja sogar ineinander übergehen können.

Die Lun II, eine ehemalige norwegische Galeasse (Seebezirk Douarnenez), Bildnachweis: Raphodon

Der Mond, eine zentrale Figur in der Crew

Was mich am meisten beeindruckt, ist die Präsenz eines unsichtbaren Besatzungsmitglieds in all den Gesprächen. Und doch so sichtbar. Ein Wesen nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Holz: das Schiff. Odysseus spricht von seinem Schiff als einem Seemann in eigenem Recht. „Es freut sich, wenn es Wind in den Segeln hat“, sein Knarren und sein Verhalten auf See zeugen von seiner Dankbarkeit gegenüber seinen Seeleuten, die in seinen Mauern leben und arbeiten. Der Mond ist ein lebendiges Wesen.

Segeln und Skifahren in Norwegen mit Bastien Levy

Ein differenziertes Porträt eines außergewöhnlichen Kapitäns

Nach einem Erbsenpüree mit einer Scheibe Kabeljau, die wiederum mit einer dünnen Scheibe Räucherlachs und gerösteten Haselnüssen bedeckt war, verschwindet der Kapitän mit einer Zigarette im Mund. Er spricht uns mit „Jungs“ an, als wäre er selbst eine alte Frau, wie der Wirt einer Kneipe in einem alten französischen Dorf. Ist Reinkarnation vielleicht nicht allein den indigenen Völkern Nordamerikas vorbehalten? Sein kräftiger und agiler Körper zeugt jedenfalls von der körperlichen Aktivität eines hochrangigen Judoka… Das Geheimnis um den Mann bleibt vorerst bestehen. Sein zweiter Offizier übernimmt die Erzählung, ebenfalls mit einer Zigarette im Mundwinkel und einer Tasse Kaffee in der Hand. Rauchen wird an Bord gern gesehen, „es tötet den Pilz“. Eine unwirkliche Atmosphäre herrscht in diesem Chaos. Es ist der zweite Offizier, der die Erzählung fortsetzt und von den Heldentaten seines Kapitäns berichtet.


Mit Rum und Kaffee beladen, auf seinem Oldtimer-Boot, überquerte er den Atlantik bei stürmischer See – Manöver, die den alten Meistern wie denen in Danas Seeroman „Zwei Jahre auf dem Vorschiff“ alle Ehre gemacht hätten … Ist es nicht gerade ein Zeichen von Demut, die eigenen Heldentaten für sich zu behalten und andere darüber sprechen zu lassen? Meine Zweifel und Bedenken waren offensichtlich verflogen, seit ich dieses fabelhafte Schiff betreten hatte. Doch ich hatte keine Ahnung, was die Zukunft für mich bereithielt.

Bastie Levy

Bastien Levy - Familie Lagoped

Bastien ist seit 2022 Bergführer und seit 2023 Canyoning-Instruktor und damit ein echter Abenteuerliebhaber. Er begleitet zahlreiche Vereine und Expeditionen, um sein Fachwissen und seine Werte weiterzugeben.

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